“Gib SLAPPs keine Chance!”: Bündnis startet Kampagne in Deutschland
In einer demokratischen Gesellschaft ist die freie Meinungsäußerung ein fundamentales Recht. Doch was passiert, wenn dieses Recht durch juristische Manöver systematisch untergraben wird? Genau hier setzen sogenannte SLAPPs an – "Strategic Lawsuits Against Public Participation" – rechtsmissbräuchliche Verfahren, die darauf abzielen, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen.
Was sind SLAPPs und warum sind sie gefährlich?
SLAPPs sind juristische Einschüchterungsversuche gegen Menschen, die im öffentlichen Interesse handeln. Sie zielen nicht darauf ab, einen legitimen Rechtsstreit zu gewinnen, sondern sollen kritische Stimmen durch finanzielle und psychische Belastung zum Verstummen bringen.
Die Beispiele aus Deutschland sind alarmierend:
Eine Betreiberin einer Flüchtlingsunterkunft versucht, Berichterstattung über Missstände zu verhindern
Eine Umweltinitiative wird mit Abmahnungen wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen eingeschüchtert
Ein Gewerkschafter wird mit Unterlassungsforderungen konfrontiert, nachdem er Missstände in einem Klinikum öffentlich gemacht hat
Diese Fälle zeigen deutlich: SLAPPs sind längst kein theoretisches Problem mehr, sondern eine reale Bedrohung für die Meinungsfreiheit in Deutschland.
Die Kampagne "Gib SLAPPs keine Chance!"
Um diesem Problem entgegenzuwirken, hat das No-SLAPP-Bündnis Deutschland am 18. März 2025 eine bundesweite Kampagne gestartet. Im Zentrum steht ein Film, in dem Betroffene ihre Erfahrungen mit SLAPP-Klagen schildern und Expert:innen den gesetzgeberischen Handlungsbedarf aufzeigen.
"Ein wirksamer Schutz vor Einschüchterungsklagen muss jetzt im Koalitionsvertrag vereinbart werden", fordert Ilja Braun vom No-SLAPP-Bündnis in der offiziellen Pressemitteilung. Die Kampagne richtet sich gezielt an die zukünftige Bundesregierung und fordert konkrete Maßnahmen zum Schutz vor Einschüchterungsklagen.
Die zentralen Forderungen des Bündnisses
Das No-SLAPP-Bündnis hat klare Vorstellungen davon, was ein effektiver Schutz vor Einschüchterungsklagen beinhalten muss:
Frühzeitige Abweisung missbräuchlicher Klagen: Gerichte sollen verpflichtet werden, potentielle SLAPP-Fälle anhand einer klaren Definition frühzeitig zu identifizieren und zu beenden.
Umfassender Anwendungsbereich: Der Schutz vor rechtsmissbräuchlichen Verfahren soll nicht nur in grenzüberschreitenden Fällen gelten, sondern umfassend wirksam sein.
Finanzielle Entlastung der Betroffenen: Durch angepasste Kostenverteilung, Sicherheitsleistungen von Klägern und Ersatz von Verteidigungskosten sollen die finanziellen Folgen für die Beklagten abgemildert werden.
Sanktionen für SLAPP-Kläger: Es werden Missbrauchsgebühren, Veröffentlichungspflichten für ergangene Entscheidungen und Entschädigungszahlungen bei haltlosen Anzeigen gefordert.
Umfassende Unterstützungsstrukturen: Betroffene benötigen psychosoziale und juristische Beratung sowie die Unterstützung durch zivilgesellschaftliche Organisationen im Verfahren.
Monitoring und Dokumentation: Um das Problem systematisch zu erfassen, ist eine kontinuierliche Beobachtung und Dokumentation von SLAPP-Fällen notwendig.
Warum ist das Thema für die Zivilgesellschaft so wichtig?
SLAPP-Klagen treffen nicht nur einzelne Personen, sondern gefährden die Grundlagen unserer demokratischen Gesellschaft. Sie schaffen ein Klima der Angst, in dem Menschen sich zweimal überlegen, ob sie Missstände öffentlich ansprechen. Die Folge ist eine schleichende Selbstzensur, die den öffentlichen Diskurs verarmen lässt.
"Wie viele andere zivilgesellschaftliche Akteure werden auch in Deutschland Journalist*innen, Wissenschaftler*innen, Blogger*innen, Gewerkschafter*innen und Aktivist*innen regelmäßig zur Zielscheibe von SLAPPs", betont Ilja Braun in der Pressemitteilung des Bündnisses.
Zeit zum Handeln
Das No-SLAPP-Bündnis fordert von der zukünftigen Bundesregierung ein klares Bekenntnis zum Schutz vor Einschüchterungsklagen im Koalitionsvertrag. Der gesetzgeberische Schutz in Deutschland muss dringend an das europäische Niveau angepasst werden, im Einklang mit den Empfehlungen des Europarats und den Vorgaben der Anti-SLAPP-Richtlinie der Europäischen Union.
Als zivilgesellschaftliche Organisation unterstützen wir diese Forderungen nachdrücklich. Meinungsfreiheit und das Recht auf Kritik sind elementare Bestandteile einer lebendigen Demokratie. Wir können es uns nicht leisten, dieses Gut durch juristische Einschüchterungstaktiken gefährden zu lassen.