Schutz vor SLAPPs: Bündnis legt Policy Paper für Koalitionsverhandlungen vor
In den aktuellen Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer neuen Bundesregierung setzt sich das No-SLAPP-Bündnis, dem auch Blueprint for Free Speech e.V. angehört, für einen umfassenden Schutz vor strategischen Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPPs) ein. Mit dem im März 2025 vorgelegten Policy Paper "Gib SLAPPs keine Chance: Schutz vor Einschüchterungsklagen im Koalitionsvertrag festschreiben" fordert das Bündnis konkrete Maßnahmen zum Schutz von Journalist:innen und Aktivist:innen.
Was sind SLAPPs und warum sind sie gefährlich?
Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPPs) sind ein wachsendes Problem in Deutschland und Europa. Diese Klagen zielen darauf ab, kritische Stimmen durch langwierige und kostspielige Gerichtsverfahren zum Schweigen zu bringen. Betroffen sind häufig Journalist*innen und Aktivist*innen, die Missstände aufdecken und öffentlich machen.
Charakteristisch für SLAPPs ist, dass Kläger*innen meist wirtschaftlich überlegen sind und sich trotz geringer Erfolgsaussichten für ein juristisches Vorgehen entscheiden. Die Betroffenen hingegen sehen sich oft nicht in der Lage, den Prozess zu bestreiten – selbst wenn sie gute Erfolgsaussichten hätten.
Die zivilgesellschaftliche Coalition Against SLAPPs in Europe (CASE) hat zwischen 2010 und 2023 in Europa insgesamt 1.049 SLAPP-Fälle dokumentiert, davon 166 allein im Jahr 2023.
Handlungsbedarf in Deutschland
Während auf europäischer Ebene bereits wichtige Schritte unternommen wurden – etwa durch die im April 2024 verabschiedete EU-Richtlinie zum Schutz vor missbräuchlichen Gerichtsverfahren – hat die deutsche Bundesregierung bislang keine Maßnahmen zum Schutz vor SLAPP-Klagen ergriffen. Die EU-Richtlinie bezieht sich zudem nur auf grenzüberschreitende Fälle und definiert lediglich einen Mindeststandard.
Das No-SLAPP-Bündnis fordert daher eine umfassende gesetzliche Regelung, die auch rein nationale Fälle abdeckt und über die europäischen Mindeststandards hinausgeht.
Konkrete Forderungen für den Koalitionsvertrag
Das Policy Paper enthält folgende zentrale Handlungsempfehlungen:
Frühzeitige Beendigung missbräuchlicher Verfahren: Gerichte sollen verpflichtet werden, Fälle proaktiv anhand einer SLAPP-Definition zu überprüfen und offensichtlich unbegründete Klagen frühzeitig abzuweisen.
Umfassender Anwendungsbereich: Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie sollte ein weiter Anwendungsbereich geschaffen werden, der Rechtsmissbrauch nicht nur in grenzüberschreitenden Fällen verhindert.
Finanzielle Entlastung für Betroffene: Durch angepasste Kostenverteilung, Sicherheitsleistungen der klagenden Partei und Erstattung von Verteidigungskosten soll der einschüchternde Effekt abgemildert werden.
Umfassende Unterstützung: Für SLAPP-Betroffene muss eine psychosoziale und juristische Beratung gewährleistet werden. Die No-SLAPP-Anlaufstelle benötigt eine strukturelle Finanzierung.
Aufklärung und Monitoring: Staatlicherseits muss für umfassende Aufklärung über SLAPPs gesorgt und ein kontinuierliches Monitoring von Fällen gewährleistet werden.
Der Formulierungsvorschlag für den Koalitionsvertrag lautet:
"Wir werden Journalist*innen und Aktivist*innen wirksam vor Einschüchterungsklagen schützen. Das Schutzniveau, das für grenzüberschreitende Klagen in Europa gilt, werden wir auch in Deutschland etablieren. Indem wir den Empfehlungen der EU und des Europarats folgen, stellen wir sicher, dass rechtsmissbräuchliche Klagen sich finanziell nicht lohnen, dass unberechtigte Forderungen vor Gericht unverzüglich abgewiesen werden können und dass Betroffene Zugang zu psychosozialer und juristischer Beratung bekommen. Wir stärken die zivilgesellschaftliche No-SLAPP-Anlaufstelle durch eine strukturelle Finanzierung ihrer Arbeit."
Unsere Position
Als Mitglied des No-SLAPP-Bündnisses unterstützt Blueprint for Free Speech diese Forderungen nachdrücklich. Wir sehen die Notwendigkeit, den Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit gegen missbräuchliche Klagen in Deutschland zu stärken. Nur wenn kritische Stimmen ohne Angst vor ruinösen Gerichtsverfahren Missstände aufdecken können, kann eine lebendige Demokratie funktionieren.
Wir appellieren an die Verhandlungsführer*innen der zukünftigen Koalition, die Empfehlungen des Policy Papers aufzugreifen und im Koalitionsvertrag zu verankern. Die Aufnahme dieser Punkte wäre ein wichtiges Signal für den Schutz der Zivilgesellschaft und der freien Presse in Deutschland.
Blueprint for Free Speech engagiert sich im No-SLAPP-Bündnis für den Schutz der Meinungsfreiheit und gegen rechtsmissbräuchliche Einschüchterungsklagen. Das vollständige Policy Paper "Gib SLAPPs keine Chance" können Sie [hier] einsehen.