Anlaufstelle für Betroffene von SLAPPs nimmt Arbeit auf

Bettina Hesse (ver.di / dju), Hannah Vos (FragDenStaat), Elmar Wigand (aktion ./. arbeitsunrecht), Ilja Braun (Reporter ohne Grenzen), Christoph Brill (DJV) und Anlaufstellenkoordinator Philipp Wissing (im Auftrag von Blueprint For Free Speech).

SLAPPs häufen sich in ganz Europa und stellen eine Bedrohung insbesondere für den unabhängigen Journalismus, aber auch für alle anderen kritischen publizistischen Tätigkeiten dar. Mehrere Mitglieder des deutschen No-SLAPP-Bündnisses haben sich zusammengeschlossen, um diesem Problem auf nationaler Ebene auch in Deutschland zu begegnen. Vergangene Woche trafen sich die Kooperationspartner*innen des mittlerweile von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien geförderten Projekts erstmals persönlich in Berlin. 

SLAPP - Strategic Lawsuit Against Public Participation  Dieses englische Wortspiel bezeichnet eine Form des Rechtsmissbrauchs, die Kritik mittels rechtlicher Schritte zu unterdrücken sucht.  “Slap” bedeutet soviel wie “Ohrfeige”. Und geohrfeigt werden immer wieder kritische Akteur*innen der Öffentlichkeit mittels rechtlicher Schritte.  

SLAPPs zielen darauf ab, kritische Stimmen einzuschüchtern und haben eine abschreckende Wirkung auf den zivilgesellschaftlichen Diskurs und die kritische Öffentlichkeit. Sie werden meistens initiiert von Unternehmen, ressourcenstarken Einzelpersonen oder politischen Akteur*innen.  Dabei wird geltendes Recht missbraucht, indem es als Abschreckungswerkzeug verwendet wird. 

Oft geht es weniger um die tatsächliche Einforderung legitimer Ansprüche, sondern um die Zumutung möglichst vielfältiger rechtlicher Drohungen.  SLAPPs sind vor Gericht meistens unhaltbar. Umfassende Anwaltsschreiben, unverhältnismäßige Schadensersatzforderungen und mehr bringen gerade kleinere Akteur*innen jedoch oft dazu, sich noch vor jeglicher gerichtlichen Auseinandersetzung zurückzuziehen - und beeinträchtigen allgemein jegliche Arbeit im Interesse einer kritischen Öffentlichkeit. Auf europäischer Ebene wurde erst kürzlich eine Richtlinie gegen SLAPPs beschlossen, und der Europarat hat eine Empfehlung zur umfassenden Implementierung von Schutzmechanismen gegen SLAPPs an die Mitgliedsstaaten veröffentlicht. 

Im Sinne einer informierten Öffentlichkeit und der freien Meinungsbildung ist es nicht hinnehmbar, wenn kritisch Publizierende an ihrer Arbeit gehindert werden und unabhängige Berichterstattung eingeschränkt wird.   Und auch in Deutschland gibt es noch keine ausreichenden Antworten für dieses Problem. Vor diesem Hintergrund haben sich mehrere Mitglieder des deutschen No-SLAPP-Bündnis als Projektpartner*innen eines nationalen Netzwerks zum Schutz publizistischer Arbeit zusammengeschlossen. Und bringen nun die erste deutsche NO SLAPP Anlaufstelle zum Schutz publizistischer Arbeit in Deutschland an den Start.

Vertreter*innen der einzelnen Organisationen trafen sich nach mehreren Online-Meetings vergangenen Donnerstag, 11.04. zu einem ersten Austausch in Berlin, um die zentralen Elemente der Anlaufstelle zu finalisieren. Dabei wurden Fragen hinsichtlich der gemeinsamen Webpräsenz, verschiedener Aspekte der Anlaufstelle, einem Handbuch für weitere NO SLAPP Projekte, sowie die Planung mehrerer Info- und Schulungsveranstaltungen für Journalist*innen und andere publizistisch Tätige, die sich mit Gerichtsverfahren und juristischen Einschüchterungsversuchen konfrontiert sehen, adressiert. 

Die Zielgruppe des Projekts sind Journalist*innen, unabhängig davon, ob sie für Verlage, Zeitungen oder andere Medienorganisationen oder freiberuflich arbeiten, sowie Blogger*innen, die über Bürgerinitiativen, betriebsrätliche und gewerkschaftliche Arbeit oder Umweltaktivismus berichten. Weitere Informationen folgen im Mai, wenn die NO SLAPP Anlaufstelle offiziell erreichbar und auf ersten Veranstaltungen vertreten sein wird. Interessierte können sich gerne den Empfang des deutschen No-SLAPP-Bündnisses am 16.05. in Berlin vormerken.

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