Der rechtliche Beirat der No SLAPP Anlaufstelle im Gespräch: Dr. Robert Brockhaus
Die No SLAPP Anlaufstelle zum Schutz publizistischer Arbeit in Deutschland wird von derzeit 17 Rechtsexpert*innen unterstützt, um die Schulungen und andere Angebote der Anlaufstelle auf fachlich höchstem Niveau zu halten. Und um bei konkreten SLAPPs bestmöglich rechtliche Beratung zu vermitteln, bei Fällen mit presse- und äußerungsrechtlichen, arbeitsrechtlichen, aber auch strafrechtlichen Dimensionen.
Mit dieser Interviewserie stellen wir die Beirätinnen und Beiräte einzeln vor, heute mit Perspektiven von Dr. Robert Brockhaus aus Berlin. Robert Brockhaus ist Partner der Kanzlei KM8 Rechtsanwältinnen & Rechtsanwälte. Er ist als Strafverteidiger tätig und auf Whistleblowing und Geheimnisschutzrecht spezialisiert. Als Redakteur beim Verfassungsblog ist er für das Strafrecht und das öffentliche Sicherheitsrecht zuständig. Er hat an der Europa-Universität Viadrina und der Humbolt Universität zu Berlin gelehrt und geforscht.
Welchen Bezug haben Sie zum Thema SLAPP - mit welchen Formen von Einschüchterung durch rechtliche Mittel beschäftigen Sie sich besonders intensiv?
In meiner Praxis als Rechtsanwalt beobachte ich immer wieder, wie Unternehmen, aber auch Behörden rechtlich gegen Beschäftigte vorgehen, die Informationen über Missstände nach außen tragen. Es wird dann z.B. behauptet, die Informationen seien als Geschäftsgeheimnisse geschützt gewesen und Strafanzeige wegen Geheimnisverletzung erstattet. Nach meinem Eindruck geht es dabei nicht immer darum, die jeweiligen Informationen zu schützen, die sind ja bereits nach außen gedrungen; sondern darum, Beschäftigte durch ein Strafverfahren oder ein anderes juristisches Verfahren einzuschüchtern und finanziell zu beanspruchen.
Was sind Ihre Ratschläge für Betroffene von rechtlichen Einschüchterungsversuchen?
Nicht übereilt, sondern wohl überlegt, aber rechtzeitig handeln und sich wehren. In vielen Fällen macht es Sinn, sich anwaltlich beraten zu lassen, gerade wenn es um strafrechtliche Vorwürfe geht.
In der EU-Richtlinie "Über den Schutz von Personen, die sich öffentlich beteiligen, vor offensichtlich unbegründeten Klagen oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren" wurde SLAPP zum ersten Mal in Europa von offizieller Seite definiert. (Inwiefern) beeinflusst diese Formulierung ihre Arbeit jetzt schon, noch vor der Umsetzung in nationales Recht?
Bislang noch nicht. Wenn die Definition in einem Fall erfüllt ist, sind die Vorschriften der Richtlinie aber bereits jetzt bei der Auslegung des deutschen Rechts zu berücksichtigen.
Worauf sollte der Gesetzgeber hierzulande bei der Umsetzung unbedingt achten?
Die Umsetzung sollte sich nicht auf das beschränken, was nach dem Unionsrecht zwingend ist, sondern darüber hinaus gehen und z.B. auch die Empfehlungen der Kommission in den Blick nehmen. Diese sehen unter anderem vor, Freiheitsstrafen für Verleumdungsfälle abzuschaffen.
Welches öffentliche Verständnis von SLAPP schlagen Sie bis zur Umsetzung vor - welche Fälle sollten als SLAPP verstanden werden, welche vielleicht auch nicht? Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste, was die Öffentlichkeit über SLAPPs wissen sollte?
Es ist wichtig, dass sich in der Gesellschaft ein stärkeres Bewusstsein dafür entwickelt, was SLAPP´s sind und welche Instrumente es gibt, sich rechtlich gegen sie zu wehren.
Wie können rechtliche Einschüchterungsversuche Ihrem Verständnis nach besonders gut abgewehrt werden? Wenn Sie Ihre Mandant*innen gegen SLAPPs verteidigen, welche Dinge brauchen Sie dann in Ihrem Werkzeugkasten?
Eine kritische Öffentlichkeit, die von den Einschüchterungsversuchen erfährt, ist wichtig, reicht aber oft nicht, um ihnen entgegenzuwirken. Aus strafrechtlicher Sicht wäre eine Vorschrift sinnvoll, die es den Staatsanwaltschaften ermöglicht, beim Verdacht einer SLAPP Strafverfahren einzustellen.