Öffentliche Debatte zu Vorwürfen bezüglich Till Lindemann und anderer Mitglieder der Band Rammstein

In den vergangenen Wochen wurde viel über Vorwürfe gegen den Sänger der Band Rammstein, Till Lindemann berichtet. Till Lindemann beauftragte daraufhin eine Rechtsanwaltskanzlei, die öffentlich bekannt machte, dass einige der in den Medien veröffentlichten Vorwürfe unzutreffend seien und gegen Menschen, die unbegründete Vorwürfe öffentlich erheben, rechtlich vorgegangen werde.

Personen, die sich öffentlich geäußert haben, wurden von Fans der Band, aber auch Teilen der breiteren Öffentlichkeit in den sozialen Medien oder im öffentlichen Raum schikaniert und verhöhnt.

Wir denken jedoch, dass eine öffentliche Auseinandersetzung über solche Vorwürfe möglich sein muss. Die genauere Recherche der Umstände und Vorgänge bei den Rammstein Konzerten, die durch die Vorwürfe in den Fokus gerückt wurden, erschwert sich teilweise auch durch taktisches Vorgehen aller Rammstein Akteure sowie durch fehlende Offenheit von Till Lindemann und seinen Kollegen gegenüber Journalistinnen und Journalisten.

Blueprint for Free Speech ist eine gemeinnützige Organisation, die sich international für das Recht auf freie Meinungsäußerung einsetzt. Aktuell arbeiten wir in Deutschland im Rahmen eines Projekts zur Sensibilisierung und Vernetzung angesichts zunehmender rechtsmissbräuchlicher Eingriffe in den öffentlichen Diskurs.

Als Initiative für Meinungsfreiheit unterstützen wir alle Menschen, deren legitime öffentliche Meinungsäußerung unterdrückt oder zum Schweigen gebracht werden soll. Wir tragen dazu bei, dass Menschen, die sich am öffentlichen Diskurs beteiligen wollen, auf vertrauenswürdige Unterstützungsnetzwerke zurückgreifen können.

Die Interessen von Teilnehmenden der öffentlichen Debatte und insbesondere von Betroffenen von jeglichen Formen von Übergriffen, Belästigung, Missbrauch oder Gewalt, ob strafrechtlich relevant oder nicht, sind gesetzlich geschützt. Im Interesse einer demokratischen Öffentlichkeit und der Wahrung von Grundrechten machen wir diesen Schutz praktisch zugänglich.

Geschichten von Betroffenen, die öffentlich mitgeteilt werden, haben die Macht, das gesellschaftliche Bewusstsein zu schärfen, bestehende Normen in Frage zu stellen und positive Veränderungen herbeizuführen. Der Mut, sich zu äußern, kann ein Katalysator für positive Veränderungen in unserer Gesellschaft sein und den Weg für ein sichereres und solidarischeres Umfeld für alle ebnen.

Mit Blick auf die Vorwürfe gegen Till Lindemann und andere Mitglieder der Band Rammstein sowie den damit zusammenhängenden öffentliche Diskurs haben wir einige Perspektiven und praktische Optionen zusammengestellt, auf die wir im Rahmen unserer Arbeit für das Recht auf freie Meinungsäußerung verweisen möchten.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung

Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union lautet:

“Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.”

Dies gilt auch für Berichte über eigene Erfahrungen, und besonders dann, wenn besonders belastende Erfahrungen gemacht wurden.

Einschüchterung mithilfe rechtlicher Mittel

Der Schutz von Persönlichkeitsrechten ist Teil der demokratischen Grundordnung. Die entsprechenden Rechtsmittel - insbesondere Kommunikation über Anwält*innen und Abmahnungen - sollten allerdings nicht zur Einschüchterung und Unterdrückung legitimer öffentlicher Beteiligung dienen.

Wir entwickeln Präventionsmaßnahmen gegen solche Formen der Einschüchterung. Und machen diese Maßnahmen (anwaltliche Beratung, Kostenübernahme) zugänglich für Menschen, die sich aufgrund ihrer öffentlichen Äußerungen bedroht sehen.

Wie ihr öffentlich über eure Erfahrungen sprechen könnt

Seid euch bewusst, ab wann ihr euch öffentlich äußert. Insbesondere Soziale Medien werden oft als zwanglose, informelle Kommunikationsplattformen wahrgenommen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass in rechtlicher Hinsicht Beiträge in sozialen Medien als Veröffentlichungen gelten und den allgemeinen äußerungsrechtlichen Regeln entsprechen müssen

Wenn ihr euch öffentlich äußert: Achtet darauf, dass ihr Vorfälle nur dann als Tatsachen beschreibt (“etwas ist so gewesen”), wenn ihr euch ganz sicher seid und idealerweise Belege habt, seid vorsichtig mit Vermutungen oder Geschichten, die ihr gehört habt, deren Wahrheitsgehalt ihr aber nicht einschätzen könnt

Denkt über die Möglichkeit nach, anonym zu bleiben. Beispielsweise mithilfe eines Benutzerkontos in Sozialen Medien, das keine persönlichen Daten enthält. Oder, indem ihr eure Geschichte mit Journalist*innen teilt.

Journalist*innen haben die ethische Pflicht und weitreichende rechtliche Möglichkeiten, ihre Quellen zu schützen. Sucht nach Journalist*innen, die in der Vergangenheit erfolgreich über ähnliche Themen berichtet und dabei ihre Quellen respektvoll behandelt haben.

Lasst euch rechtlich beraten, bevor ihr öffentlich Stellung bezieht. Kontaktiert uns für mehr Informationen über die verschlüsselte Kommunikationsplattform Session (was ist das?): Blueprint4FeeSpeech GER

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Wie ihr möglichst sicher über Vorfälle berichten könnt, die ihr als außenstehende Person beobachtet habt

Wenn ihr als außenstehende Person Situationen beobachtet habt, die euch fragwürdig erscheinen, und ihr darüber berichten wollt, gibt es auch hier vielfältige Möglichkeiten. Wenn ihr euch an Journalistinnen oder Journalisten wendet, gilt prinzipiell der Informant*innenschutz.6 Außerdem gibt es mittlerweile in allen Ländern der Europäischen Union weitreichenden gesetzlichen Schutz von Whistleblowern8, in Deutschland insbesondere durch das sog. Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG - https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/2022_Hinweisgeberschutz.html). Wir beraten euch bei Bedarf gerne, wenn ihr uns über Session kontaktiert. Eure Aussage kann Menschen, die von Gewalt betroffen sind, enorm helfen.

Denkt daran: Es ist euer Recht, euch zu äußern und eure Version einer Geschichte wahrheitsgemäß öffentlich mitzuteilen. Ihr solltet entscheiden, was sich für euch richtig anfühlt. In jeder Stimme liegt Stärke, und eure Geschichte könnte andere ermutigen und positive Veränderungen bewirken. Ganz gleich, wie ihr euch mitteilen oder ausdrücken möchtet, seid euch bewusst, dass euer Recht, euch zu äußern, ein unantastbares Grundrecht darstellt.

Kontakt

Ihr erreicht uns über die verschlüsselte Kommunikationsapp Session. Session ist plattformübergreifend und end-to-end-verschlüsselt und auf Vertraulichkeit und Anonymität für die Benutzer*innen ausgerichtet. Session wird von The Oxen Project im Rahmen der gemeinnützigen Oxen Privacy Tech Foundation entwickelt und basiert auf einem dezentralen Netzwerk auf Blockchain-Basis für die Übertragung der Nachrichten. Weitere Informationen sowie die Möglichkeit, Session herunterzuladen, findet ihr unter: https://getsession.org/

Unseren Blueprint 4 Free Speech Account könnt ihr auf Session unter der Session ID 053323c0d4341714c8f95bb7f21a59f42e015d7602c64c018083cf49aa5c023a55

Auf diese Weise könnt ihr uns sicher und ohne eure Identität anzugeben kontaktieren. Wir helfen und beraten euch gerne bzgl der oben angeführten Punkte, können allerdings keine akute Hilfe bei Notfällen leisten. Wendet euch bei Notfällen an die Nothilfestellen eurer Region oder an die allgemeine Notrufnummer 112. Auch für eine längerfristige Betreuung empfehlen wir euch, professionelle Hilfe bei entsprechenden Beratungsstellen zu suchen.

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