Niederländischer Journalist De Vries erliegt Verletzungen
Der niederländische Enthüllungsreporter Peter R. de Vries, der insbesondere über Verbrechen berichtete, starb am 15. Juli im Krankenhaus, etwas mehr als eine Woche nachdem er in einer Amsterdamer Straße niedergeschossen wurde.
Der Angriff auf De Vries erfolgte drei Monate der Grieche Giorgos Karaivaz, der über ähnlichee Themen berichtete, vor seinem Haus in Athen erschossen wurde.
Zwei Verdächtige wurden im Zusammenhang mit der Erschießung von de Vries festgenommen, der in den Niederlanden für seine Arbeit berühmt war, unter anderem für die Berichterstattung über die Entführung des millionenschweren Bierbrauers Freddy Heineken im Jahr 1983. In seiner eigenen Fernsehsendung arbeitete er mit Familien von Opfern an der Aufklärung ungeklärter Fällen.
"Peter hat bis zum Ende gekämpft, aber er konnte den Kampf nicht gewinnen", sagte De Vries' Familie in einer Erklärung. "Er starb umgeben von den Menschen, die ihn liebten. Peter lebte nach seiner Überzeugung: 'Auf gebeugten Knien kann man nicht frei sein'."
Auf De Vries war fünf mal geschossen worden, als er im Zentrum der niederländischen Hauptstadt ein Fernsehstudio verließ. Der Angriff war ein Schock für die Behörden und diejenigen, die das Land als sicher für Journalisten ansahen, obwohl Übergriffe auf Journalisten in der gesamten Europäischen Union zunehmen.
Die beiden festgenommenen Männer wurden nur als Maurik G, ein 35-jähriger Pole, und ein 21-jähriger Niederländer, Delano G, identifiziert. Letzterer soll nach Mutmaßungen die tödlichen Schüsse abgegeben hat.
De Vries hatte im Laufe der Jahre wegen seiner furchtlosen Berichterstattung über Verbrechenszahlen Morddrohungen erhalten. Im vergangenen Jahr war er Berater des Hauptbelastungszeugen gegen Ridouan Taghi, den meistgesuchten Verbrecher der Niederlande.
Derk Wiersum, ein Anwalt des als Nabil B bekannten Zeugen, wurde 2019 auf der Straße erschossen, kurz nachdem er sein Haus in Amsterdam verlassen hatte. Niederländische Medien haben berichtet, dass Delano G, der mutmaßliche Mörder von De Vries, ein Neffe eines von Taghis Leutnants war, während polnische Medien berichteten, dass der andere Verdächtige dort wegen Raubes gesucht wird.
Taghi wurde in Dubai festgenommen und im Jahr 2019 an die Niederlande ausgeliefert. Seine Verhaftung war damals in den Niederlanden bejubelt worden. Das Ministerium für Justiz und Sicherheit behauptet, er habe eine große Kokainschmuggeloperation geleitet und sei an elf Morden beteiligt gewesen.
Mehrere Anwälte haben den Fall Taghi wegen Sicherheitsbedenken aufgegeben, aber de Vries wollte Berichten zufolge keine Sicherheit. "Wenn du links und rechts von dir Polizei hast, können sie immer noch von vorne auf dich schießen", sagte er in einem Interview.
Journalistenkollegen wie Eddy Van der Ley hinterfragten derartige Entscheidungen De Vries’, der jedoch unnachgiebig blieb.
"Er sagte immer: 'Wenn du die Hitze nicht aushältst, geh aus der Küche'", sagte van der Ley gegenüber Al Jazeera. "Er wusste, dass er ein Risiko einging, aber er war furchtlos."
Bevor De Vries' Tod bekannt gegeben wurde, sagte der niederländische Justizminister Ferd Grapperhaus, dass eine Untersuchung prüfen werde, ob die Regierung den Reporter angemessen geschützt habe.
Taghi bleibt in Haft und wartet zusammen mit 16 anderen Verdächtigen auf seinen Prozess.
Premierminister Mark Rutte sagte: "Wir sind es Peter R. de Vries schuldig, dafür zu sorgen, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird. Wir können und werden so etwas in den Niederlanden niemals tolerieren. Dieser Akt der Feigheit kann nicht ungestraft bleiben".
JOURNALISTEN NICHT SICHER
EU-Beamte haben eine Reihe von Angriffen und Tötungen von Journalisten angeprangert, aber Verurteilungen der Hauptschuldigen sind dünn gesät. So wurden beispielsweise diejenigen, die die Morde an der maltesischen Enthüllungsreporterin Daphne Caruana Galiza im Oktober 2017 und an dem slowakischen Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírova im Februar 2018 angeordnet hatten, nach wie vor nicht zur Rechenschaft gezogen.
Marián Kočner, ein Geschäftsmann, der angeklagt war, den Mord an Kuciak in Auftrag gegeben zu haben, wurde 2020 freigesprochen (Miroslav Marček hingegen wurde nach einem Geständnis für den Akt der Tötung selbst zu 23 Jahren Gefängnis verurteilt). Hochrangige Verdächtige in der Ermordung von Daphne Caruana Galizia, die gegen Korruption in den höchsten Ebenen der maltesischen Regierung ermittelte, sind noch nicht vor Gericht gestellt worden.
Als Reaktion auf den Angriff auf De Vries twitterte der Vorsitzende des Europäischen Rates, Charles Michel: "Dies ist ein Verbrechen gegen den Journalismus und ein Angriff auf unsere Werte von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit."
Der niederländische König Willem-Alexander und seine Frau Máxima zeigten sich schockiert und fügten hinzu: "Journalisten müssen in der Lage sein, ihre wichtige Arbeit frei und ohne Bedrohung zu machen."